Deoroller oder Deospray – was ist die bessere Wahl für die Umwelt?
Köln – Wer gut riechen will, hat es ganz schön schwer, denn die Auswahl ist riesig. So genannte „Deos“ gibt es in Drogerien und Supermärkten wie Sand am Meer. Als Spray mit Treibgas oder Pumpzerstäuber, als Roller oder Stick oder Creme. Mit Rosen- oder Zitronenduft oder ganz ohne Parfüm. Die Vorlieben der Menschen sind da so individuell wie ihr natürlicher Körperduft. In unserem aktuellen Nachhaltigkeitscheck widmen wir uns dem Deo – und haben festgestellt, dass weniger die Darreichungsform als die Wirkungsweise den entscheidenden Unterschied darstellt.
Ein unangenehmer Geruch entsteht, wenn eigentlich geruchsneutraler Schweiß in den Achselhöhlen für ein feucht-warmes Klima sorgt, wie es Bakterien lieben. Die kleinen Biester zersetzen den Schweiß, und was dabei heraus kommt, riecht. Oder stinkt. Das ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Abhilfe kann Aluminiumchlorid schaffen, der Haupt-Wirkstoff in einem Antitranspirant (Schweißhemmer). Das Aluminiumsalz verengt oder verstopft vorübergehend die Ausgänge der Schweißdrüsen und sorgt so für weniger Feuchtigkeit unter den Achseln, was wiederum zu weniger Bakterien und damit zu einer geringeren Geruchsbelästigung führt.
„Antitranspirante mit Aluminium sind die besten“, sagt Andreas Fitzner. Der Doktor der Chemie hat schon für verschiedene Marken- und Handelsmarkenhersteller Kosmetika entwickelt. „Sie verringern die Schweißproduktion effektiv, haben einen hautfreundlichen pH-Wert, bedürfen keiner zusätzlichen Konservierung und sind auch ohne Zusatz von Parfüm sehr wirkungsvoll“, sagt er über die konventionellen Schweißhemmer.
Dagegen rät Kerstin Etzenbach-Effers von der Verbraucherzentrale NRW: „Wo immer es vermeidbar ist, sollten wir eine zusätzliche Aufnahme von Aluminium in den Körper nicht riskieren – das gilt besonders für junge Frauen, da Aluminium plazentagängig ist.“ Nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung sind mit der Aufnahme von Aluminium in hohen Dosen folgende Risiken verbunden: Schädigung des Nervensystems, der Niere und der Knochen sowie Beeinträchtigung von geistiger und motorischer Entwicklung ungeborener Kinder seien möglich, das haben Tierversuche ergeben. Der Mensch scheidet Aluminium nur sehr langsam wieder aus, so kann es sich bei regelmäßiger Aufnahme im Skelett, in Muskeln, Leber, Niere und Gehirn anreichern. Darüber, wie viel Aluminium über schweißhemmende Deos möglicherweise in den Körper übergeht, gibt es allerdings keine wissenschaftlich exakten Angaben.
Zudem wird ein Zusammenhang von Aluminiumchlorid im Deo und einem erhöhten Brustkrebsrisiko von der Wissenschaft seit einigen Jahren kontrovers diskutiert – Ergebnis offen. Und die Europäische Chemikalienagentur ECHA ordnet unverdünntem Aluminiumchlorid das Risiko „schwerer Hautreizungen und Augenschäden“ zu. Aluminium ist das dritthäufigste Element der Erdkruste, es umgibt uns im Alltag in vielfältiger Weise. Wir nehmen es über Nahrung und Trinkwasser auf, wir verpacken unser Essen in Alufolie und Aludosen und tragen es in Form verschiedenster Kosmetikprodukte auf unsere Haut auf. „Aluminium ist nicht gleich Aluminium“, betont Etzenbach-Effers. In der Natur komme es als Oxid vor, sei somit nicht wasserlöslich und werde daher vom Menschen weniger gut aufgenommen. Das Aluminiumchlorid in Deos hingegen sei wasserlöslich und man müsse von einer besseren Bioverfügbarkeit ausgehen. Fitzner dagegen ist überzeugt, dass der Mensch über die Nahrung deutlich mehr Aluminium aufnehme als über Kosmetikprodukte.
Das könnte Sie auch interessieren:
Deos ohne Schweißhemmer ändern nichts an der Schweißmenge, sollen aber dennoch üble Düfte minimieren. Das geht mit viel Parfüm – was bei Menschen mit einem von Natur aus eher strengen Geruch zu einer unguten Mischung führen kann. Oder mit antibakteriellen Wirkstoffen oder Alkohol, die die Schweiß-zersetzenden Bakterien abtöten sollen. „Das funktioniert“, sagt Kosmetikentwickler Fitzner. „Aber dabei wird auch die natürliche Hautflora abgetötet und es geht kaum ohne Parfüm, weil der nachproduzierte Schweiß die Wirkstoffe verdünnt und dann doch eine Überdeckung des Geruchs nötig wird.“
Nicht sehr verbreitet, aber durchaus wirksam seien Deos mit Natron, erklärt Etzenbach-Effers von der Verbraucherzentrale. Es findet sich vornehmlich in Deocremes von Herstellern zertifizierter Naturkosmetik und ist in der Liste der Inhaltsstoffe als Sodium Bicarbonate ausgewiesen. Natron ist ein bewährtes Hausmittel gegen schlechte Gerüche, im Deo neutralisiert es effektiv die kurzkettigen, stinkenden Säuren, die die Bakterien aus dem Schweiß unter den Achseln machen, und verwandelt sie in nicht riechende Salze. Auch hier gilt allerdings: Es gibt Menschen, die von Hautirritationen nach der Nutzung von Deos mit Natron berichten.
Die zwei Meinungen unserer Experten zeigen: Das ultimative Deo gibt es nicht. Verbraucher müssen ausprobieren, was bei ihnen gut wirkt und keine Hautreizungen hervorruft. Sie müssen überlegen, ob sie sich der schweißhemmenden Wirkweise wegen einer zusätzlichen Aluminiumbelastung aussetzen wollen. Sie müssen sich zwischen herkömmlicher und Naturkosmetik entscheiden und abwägen, welche Art der Verpackung sie für das kleinste Übel halten. Die Aluminiumspraydose mit Treibgas, um sich einen angenehm feinen Nebel unter die Achseln sprühen zu können? Den Deoroller in der Glasflasche? Oder die Deocreme in einer Dose aus Plastik, Glas oder Aluminium – die mehr Wirkstoff und weniger Wasser enthält, damit ergiebiger ist und am Ende weniger Verpackungsmüll hinterlässt?
Es bleibt dabei: Wer gut riechen will, hat es ganz schön schwer bei der Auswahl eines Deos. Rolf Buschmann vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), dem Einmalverpackungen von Kosmetika ohnehin ein Dorn im Auge sind, rät daher mit einem Augenzwinkern zur Rückbesinnung auf den guten, alten Waschlappen: „Einfach mal häufiger unter den Achseln waschen, das hilft auch.“
Copyright 2023 DuMont Rheinland, Köln