Das Interesse an Parfum und Make-Up steigt aktuell wieder, aber Lieferprobleme könnten zu Preissteigerungen in der Kosmetikbranche führen.
Die Preise steigen überall: Lebensmittel, Energie, Sprit. Auch für Kosmetik müssen Konsumenten wohl bald deutlich tiefer in die Tasche greifen. Denn wichtige Rohstoffe sind zunehmend knapp – und damit teuer.
Wer den Arbeitstag im Homeoffice statt in Kundenmeetings zubringt und abends vor dem Fernseher sitzt statt auszugehen, kann viel sparen. Zum Beispiel Kosmetik.
Während der Pandemie investierten die Deutschen 2021 erstmals seit mehr als zehn Jahren deutlich weniger in ihre Erscheinung als im Jahr zuvor. Der Umsatz mit Körperpflegemitteln fiel von 14 auf 13,6 Milliarden Euro. Besonders stark schrumpften die Ausgaben für dekorative Kosmetik. 2019 hatten die Deutschen noch 1,8 Milliarden Euro für Schminke, Tusche und Co. ausgegeben. 2021 waren es nur noch knapp 1,5 Milliarden Euro.
Mit dem Ende der Corona-Maßnahmen zeichnete sich auch ein Ende des Abwärtstrends ab, das Interesse der Konsumierenden ist zuletzt wieder gestiegen. Allerdings stehen dem Markt nun wohl erneut schwere Zeiten bevor: Lieferkettenprobleme erschwerten die Beschaffung von Glas, Ölen, Alkohol und Papier, erklärt der Geschäftsführer des VKE-Kosmetikverbands Martin Ruppmann.
Die Zwischenauswertung einer Umfrage des VKE zeigt, woran es fehlt: Demnach beklagen 83 Prozent der Unternehmen höhere Energiekosten. Höhere Preise für Rohstoffe und Vorleistung spüren knapp Zweidrittel. Und knapp 40 Prozent geben an, dass durch die Sanktionen Beziehungen zu Geschäftspartner abgebrochen oder verloren sind.
„Die Nachfrage gerade nach Parfum steigt wieder, aber eigentlich müsste man die Preise anheben“, sagt Ruppmann. Vor allem das Glas für die Flakons sei ein echtes Problem. Hier belasteten die immer weiter steigenden Energiekosten die Produktion besonders. Glas sei essenziell für die Branche. „Die Tiegel und Töpfe sind einfach sehr wichtig“, erklärt Ruppmann.
Glas ist nicht der einzige Preistreiber: Auch die Papierkosten haben sich massiv erhöht, sagt der Geschäftsführer des VKE. Ebenso knapp sei der Kunststoff für die Pumpköpfe, Sprühpumpen und Deckel. Und auch der Alkohol, der in Parfum und Kosmetik enthalten ist, werde zunehmend unerschwinglich, so Ruppmann.
Das merkt auch das kleine Unternehmen Urban Scents aus Berlin, wenn es in Charlottenburg seine Düfte herstellt. Zwar kämen alle Zulieferer aus Staaten Europas, bei denen es keine akuten Transportprobleme gebe, erzählt der Gründer und CEO Alexander Urban. Mittlerweile bedienten diese aber auch die größeren Mitbewerber von Urban Scents. „Dadurch dauert die Beschaffung länger und wird absurd teuer“, so Urban.
Bei den meisten Komponenten sind die Preise im zweistelligen Prozentbereich gestiegen: 20 bis 30 Prozent mehr als vor sechs Monaten sind derzeit für Verschlusskappen aus vernickeltem Messing fällig, Duftöle kosten 20 Prozent mehr. Die Verpackung ist sogar 40 Prozent teurer. Zudem hat sich hier die Lieferzeit von vier Wochen auf drei Monate verlängert. Auf Pumpen und Glas-Flakons wartet Urban Scents nach eigenen Angaben aktuell ein Dreivierteljahr.
„Das tut weh, denn die Grundkosten steigen auf fast 20 Prozent und wir können den Anstieg natürlich so nicht weitergeben. Auf der einen Seite beliefern wir als Vorlieferant andere Firmen und diese können die Preissteigerung auch nicht weitergeben können“, berichtet Urban. Und auch ihr Distributeur könne die Produkte nicht beliebig verteuern. „Gerade größere Unternehmen haben einfach einen längeren Atem. Für kleinere Unternehmen kann das am Ende des Jahres sehr heftig werden“, sagt Urban.
Aber auch große Unternehmen wie Cosnova, welche die Marken Essence und Catrice führen, spüren die Probleme: „Wir merken die Knappheit zum Beispiel bei Kunststoffen, Lösungsmitteln oder Silikonen, doch es kommen täglich weitere hinzu“, erklärt Isabelle Erdmann. Sie ist bei Cosnova für den Einkauf und die Verpackungen zuständig. Lieferschwierigkeiten haben sie auch bei den Primärverpackungen, welche sich dann „vor allem Produkte aus den Kategorien Eye, Face und Lip“ beziehen.
Der Kosmetikverband sieht die Branche wegen der steigenden Rohstoffpreise in einem Dilemma. „Die Preissteigerung liegt bei 20 bis 30 Prozent, aber das kann man ja nicht alles 1 zu 1 auf das Endprodukt und damit an den Konsumenten weitergeben“, so Ruppmann. Ausschließen will er steigende Preise für die Endkunden deshalb nicht. „Da muss feinfühlig agiert werden, weil die Kunden bei den Preisen sehr sensibel sind, sagt Ruppmann. „So hat auch Cosnova noch keine Preise erhöht. Allerdings prüfen sie stetig die Kostensituation und arbeiten aktuell daran, die Warenverfügbarkeit zu stabilisieren. Das rät auch Ruppmann: Nun gelte es neue Lieferanten, innovative Produktions-, Abfüll- und Herstellungsmethoden zu finden und die Abhängigkeiten zu prüfen. Lesen Sie auch, wie Verbraucher auf den Preisanstieg bei Lebensmitteln reagieren.
Für Nachrichtenseiten wie WirtschaftsWoche Online sind Anzeigen eine wichtige Einnahmequelle. Mit den Werbeerlösen können wir die Arbeit unserer Redaktion bezahlen und Qualitätsartikel kostenfrei veröffentlichen. Leider verweigern Sie uns diese Einnahmen. Wenn Sie unser Angebot schätzen, schalten Sie bitte den Adblocker ab. Danke für Ihr Verständnis, Ihre Wiwo-Redaktion